Samstag, 19. Mai 2007

Von dem Versuch einer Community sich den Entwicklungen des Webs anzupassen (Das Blog in seiner Funktion als Forschertagebuch)

Ein weiteres Problem beschäftigt mich zurzeit.

Um die Aktivitäten im Web, speziell Communitys, besser verfolgen zu können und deren Umgang mit neuen Herausforderungen zu beobachten, habe ich mich einer Community als teilnehmender Beobachter angeschlossen.
Für meine Magisterarbeit war sie eine von drei Fundamenten. Für meine weiteren Forschungen ist diese Community von geringerer Bedeutung. Allerdings ist sie, nach nun zwei Jahren Aktivität ein Bestandteil in meinem Leben geworden. Ob ich Freunde getroffen habe, mag ich an dieser Stelle nicht beurteilen, zumindestens habe ich interessante Menschen kennen gelernt, mit denen ich mich gern ab und zu in regelmäßigen Abständen treffe.

Diese Community (zumindest einige Mitglieder) sind wohl zu der Meinung gekommen, dass die Community besser Überlebenschancen in der Evolution des Webs hätte, wenn sie sich den neuen Anforderungen des Webs anpassen könnte. Vor dieser „Erkenntnis“ habe ich mich die ganze Zeit gefürchtet, weil die Mitglieder der Community (zumindest einige) von meinen forschenden Aktivitäten wissen und ich nun aufgefordert werde bei diesem nächstens Schritt der Evolution Beihilfe zu leisten.

Der Konflikt in mir in mir besteht in der Frage, nach meiner Rolle. Als klassischer Wissenschaftler sollte ich mich auf der Ebene der teilnehmenden Beobachtung bewegen. D.h., um es pointiert darzustellen, entweder schau ich der Community beim „Sterben" zu oder beobachte interessante Techniken der Anpassung.
Andererseits könnte es auch ein interessantes Experiment sein, an genau dieser Entwicklung mitzuarbeiten. In diesem Falle könnte ich den Umgang mit der „sozialen Technik“ und deren Wirkung effektiver erlernen. Könnte man mir später vorwerfen, dass ich zu nahe am Forschungsfeld sei? Besteht das Web aber nicht in genau jener Partizipation? Muss ich, um das Web zu verstehen am Web und deren Gruppen partizipieren? Müsste man teilnehmende Beobachtung in diesem Sinne an das Forschungsfeld Web anpassen?

Und was ist, wenn die Community in der Evolution des Webs weiter bestehen bleibt? Die Zahl der Communitys wird eher zurückgehen und vielleicht will die ÖSF den Kampf der Auslese der überlebenden Communitys gewinnen? Mit der Entwicklung des Fernsehers glaubte man auch, dass das Kino mit der Zeit nicht mehr existieren würde. Und doch, das Kino existiert noch heute! Allerdings ist das Video nur noch für Sammler interessant, da die DVD sie vollkommen verdrängt hat. Tonbandkassetten sind heute ebenfalls in den Hintergrund geraten und wohl bald nicht mehr existent. Ist die Community an sich eher mit dem Kino oder mit einer Videokassette in diesem Kontext zu vergleichen?

Des Weiteren weiß ich nicht, ob dieser Evolutionssprung überhaupt möglich ist. Das „Herz“ einer Community schlägt in einem ganz anderem Takt, als das „Herz“ einer „partizipativen und kollaborativen virtuellen Gemeinschaft“, dass was im Web gerade als „social web“ bezeichnet wird.