Dienstag, 4. Dezember 2007

„Im Fokus: Kinder – Aufwachsen in einer Mediengesellschaft“ (Teil 1)

01.12.2007

In der Nähe von Bonn (Schloss Eichholz) hat die Konrad Adenauer Stiftung eingeladen. Diskussionen und Vorträge rund um das Thema: „Im Fokus: Kinder – Aufwachsen in einer Mediengesellschaft“ werden mich die nächsten anderthalb Tage begleiten.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung wird der Seminarteilnehmer mit dem Problem der Medienkompetenz konfrontiert: „Was ist, wenn die Technik einen eigenen Willen entwickelt?“ Die Technik streikt! Der Beamer gibt das Bild auf dem Computerbildschirm nicht wieder.

Auf ein handliches Medium greift Herr Walzel zurück. Der „schwebende Stab“ soll die Gruppe auflockern. Am eigenem Körper fühle ich die Antwort auf die Frage nach: „Was passiert, wenn wir gemeinsam an Problemen arbeiten?“ An der Übung „der schwebende Stab“ sahen wir, wie schwer es ist, mehrere Leute dazu zu bringen am selben Strang zu ziehen, selbst, wenn sie gewillt sind zusammen zu arbeiten und das Beste zu erreichen. So geht uns auch das Thema „Jugendschutz [geht] alle an – und keiner sieht hin“.

Sehr kritisch geht es weiter. Computerspiele, Chats und andere virtuelle Welten werden aus einer skeptischen Perspektive vorgetragen, auch wenn ab und zu zugegeben wird, dass diese Welten durchaus Spaß machen können. Was mir auffällt ist, dass nicht eine Frage nach dem Sinn des Mediums gestellt wird. Mit alltäglichen Medien Beispielen (Computerspiele, Web-Anwendungen) wird der Zuhörer in eine ihm bisher befremdliche Welt „an der Hand von Herrn Walzel“ eingeführt.

Ich habe den Eindruck, dass die falschen Fragen gestellt werden. Dennoch unterstelle ich dem Referenten, dass er auf der Seite der Jugendlichen, wenn nicht steht, sie jedoch in ihrer Lebenswelt verstehen möchte. Seine Argumentation dazu ist: Er fragt völlig zu recht nach der Grenze von Jugendlichen und Erwachsenen. Er macht auf das alltägliche Problem aufmerksam, dass es Jugendlichen schwer fällt, sich heute noch von der Erwachsenenwelt abzugrenzen. Erwachsene verhalten sich wie Jugendliche. Jugendliche haben jedoch ein Recht auf deviantes Verhalten. Nur wie? Seine Lösung ist, Erwachsene müssen dazu aufgerufen werden, sich abgrenzen und sich wie Erwachsene zu verhalten. Jugendliche empfinden es als peinlich, wenn sich Erwachsene wie Jugendliche kleiden, so reden und sich so verhalten. Jugendliche haben kein Interesse daran, sich dann noch abzugrenzen und sich weiter zu entwickeln. Äußeres Merkmal ist unter anderem die Vermischung von realen und virtuellen Welten.
Bei diesem letzten Satz bin ich verwirrt. Habe ich doch diese Vermischung von vl und rl bisher für etwas Positives empfunden. Gestellte Mittagstalks lassen den Fernsehzuschauer nach dem realen Gehalt dieser Show fragen. Und dennoch übernehmen viele Zuschauer den Inhalt ungefragt in ihr alltägliches Leben über. Wurde Laurel & Hardy alias „Dick und Doof“ noch als offensichtlich konstruierte reale Komik verstanden, ist bei „Ups die Pannenshow“ , der Unterschied von Konstruktion und Realität nicht mehr offensichtlich. Der Zuschauer wird „im Dunkeln“ darüber gelassen, ob in der Abblende des Videos vielleicht ernste gesundheitliche Folgen entstanden sind. „Ups, die Pannenshow“ kann aus dieser Perspektive als „Mutter“ von „Happy Slapping“ verstanden werden.

Politischer Ansatz:
In Deutschland haben wir ein hilfreiches Jugendschutzgesetzt. Leider hat es jedoch wenig Sinn, wenn wir diese in globalisierten Zeiten nicht nach außen Aufrecht erhalten können. Es fehlt schlichtweg das Bewusstsein dafür. Dazu benötigen wir:

- soziales Verhalten
- gewaltfreie Konfliktbewältigung
- Medienkompetenz

Werte und Normen müssen von unserer Gesellschaft wieder vermittelt und eingefordert werden. Grenzen müssen offensichtlich gestaltet werden.

Aus diesem Grund schließt der Referent seinen Vortrag mit: „Was bin ich froh, dass ich heute ein Erwachsener bin und Kind zu einer Zeit war, wo ein „Nein“ noch ein „Nein“ war.“

Ein sehr guter Vortrag mit appellativem Schluss, der dem Lebensentwurf von Herrn Walzel entspricht.



Verstörend an seinem Vortrag empfand ich die durchweg mehr als kritische Einstellung zu Medien, vor allem jedoch zu Weblogs. Ein Weblog, so seiner Meinung nach, ist eine Weiterführung der Vermischung von Grenzen. Aus Tagebüchern, in denen früher niemand lesen durfte, liest jetzt, dank dem Internet, jeder. Herr Walzel versteht darin einen weiteren Grenzfall, der es der Jugend schwer macht, sich jugendlich zu fühlen. Ich sehe es allerdings anders. Weblogs konfrontieren den Jugendlichen mit neuen Chancen. Wer, wenn nicht die Jugendlichen können erlernen, sich erstmals mit dem Phänomen der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Sie lernen aus eigener Erfahrung den Umgang mit öffentlichen und privaten Informationen. Hier haben sie eine Spielwiese, sich zu erfahren, zu entwickeln und sich selbst in der Gesellschaft zu entdecken.
Aus der anschließenden Diskussion am Esstisch wird deutlich, dass mein Ansatz für einen Jugendlichen vielleicht zu anspruchsvoll ist.