Donnerstag, 19. April 2007

heftige Debatte in "Politikerkreisen" und "Bürgerkreisen" um die Vorratsdatenspeicherung - jeder Kreis für sich oder gemeinsam?

Was wird unter Vorratsdatenspeicherung verstanden? Antwort: Alle Daten der elektronischen Kommunikation aller Bürger sollen gespeichert werden dürfen und zwar alle Verbindungsdaten von Telefongesprächen, SMS, E-m@ils … und zwar auf Vorrat, falls ja mal etwas ist. Dann kann nämlich, so die Begründung, auf die gespeicherten Daten zugegriffen und diese ausgewertet werden.
So jedenfalls will es das Bundeskabinett und hat gestern das Gesetz zur Telekommunikation verabschiedet, allen voran stürmt Wolfgang Schäuble, der in Bloggerkreisen schon seinen Spitznamen als Überwachungsminister erarbeitet hat und mit dem Begriff von der „Stasi 2.0“ verbunden wird.

Gerne wird in der Politik das Argument an der Stelle eingesetzt, „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten". Im Grunde handelt es sich bei diesem Argument um eine Killerphrase, die der aufschreienden Menge den „Mund stopfen" soll.

Natürlich wird sich der Bürger erst einmal selbst fragen, bin ich ein Terrorist oder gar Verbrecher? Natürlich ist er das nicht und deswegen hat er auch nichts zu verbergen. Würde er sich nämlich gegen dieses unfaire Argument auflehnen, hieße das ja implizit, dass er etwas zu verbergen hat und gegen den Staat etwas plane. Eine recht merkwürdige Logik steckt dahinter. Hat denn nicht jeder etwas zu verbergen und sogar ein Recht darauf? Haben wir uns dieses Recht in der Vergangenheit nicht hart erarbeitet? Was ist mit den Liebesgedichten, die ich versende, die niemanden außer mir und den Adressaten etwas angehen? Natürlich würde sich der Staat dafür nicht interessieren, so vermutet man jedenfalls, dass man zu unbedeutend dafür ist … und was, wenn die Daten in falsche Hände fallen?

Stück für Stück hat man in der Vergangenheit das Sicherheitsgesetz ausgeweitet und nun sind wir bei einem Punkt angelangt, wo der Minister meint, schauen wir doch einmal, was alles im PC ist und das natürlich auf Vorrat.

Im Grunde wird jeder verdächtigt und dann gibt es auch keinen Unterschied mehr, zwischen wirklich Verdächtigen und Unschuldigen. Wir sind praktisch alle verdächtig und müssen zur Sicherheit kontrolliert werden!

Jedoch kommt diese Einstellung nicht von ungefähr. Liest man Umberto Ecos „Im Krebsgang voran", wird einem wunderbar vor Augen geführt, warum der Innenminister Schäuble auf diese Gedanken einer angestrebten vollständigen Überwachung (zugespitzte Pointierung) aufgreifen musste. Ecos Argumentation dafür fängt mit dem 11. September an, der eigentlich nur in einem Höhepunkt der Ängste des neuen Zeitalters trumpft. Seitdem wissen wir, dass sich der Feind nicht mehr außerhalb der Grenzen befindet, sondern mitten unter uns und sogar in unseren Krankenkassen versichert ist.
Der Gedanke, dass jeder verdächtig ist, liegt da natürlich nahe. Noch immer sind wir schockiert und noch immer herrscht große Verwirrung. Noch immer wissen wir nicht, wie wir darauf reagieren können. Der Feind hat sich total getarnt.

Allerdings sagen uns die Politiker auch, dass sie ihrem eigenen Wählern, ihrem Volk, dass sie vertreten sollen, nicht mehr vertrauen. Wobei der Wähler seinen Politikern schon lange nicht mehr traut ;). Das Misstrauen wird immer größer.

Interessant finde ich dann im Gegensatz zu dem herrschenden Misstrauen, dass wir uns gefallen lassen, dass die Politik gegen die Wünsche der eigenen Bevölkerung entscheidet und im Internet mit unseren Daten ganz großzügig umgehen. Heute gibt man jedem seine eigenen Daten, ohne Probleme damit zu haben. Wo auch immer man sich befindet, geben wir unsere Daten heraus. Allerdings wird dies nur von wenigen als Problem erkannt, dass ganz viele Eingriffsmöglichkeiten mittlerweile existieren. Warum gibt der Bürger dem Staat weniger bereitwillig seine Daten als Fremden im Internet?

An diesen Stellen sollte man vielleicht ansetzen. Das Schäuble so reagieren muss, finde ich verständlich. Doch halte ich dies für eine überzogene und nicht haltbare Reaktion, gegen die wir uns auflehnen sollten. Was die „Kampagne "SPD, CDU und CSU gegen Vorratsdatenspeicherung“ ausdrückt.
Doch sollten auch wir unseren eigenen Umgang mit den Daten einmal kritisch überprüfen.